Blondie: Pollinaotor CD-Album-Review

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Das 2017er Blondie Album Pollinator ist sowohl als CD, als Stream, MP3, Cassette und auf Vinyl erschienen – das volle Programm also. Blondie machen seit rund 40 Jahren Musik und von der Originalbesetzung sind sowohl Debbie Harry, als auch Chris Stein noch immer mit an Bord.

Die Band hatte in den späten 70ern und frühen 80ern ihre vorerst grössten Erfolge und dann in den späten 90ern ein grosses Comeback. Seitdem erscheinen von Zeit zu Zeit wieder neue Blondie-Alben, die mal mehr, mal weniger gelungen ausfallen. Wie steht es ums aktuelle Album Pollinator, das von den Kritiken gelobt in mir hohe Erwartungen geweckt hat? Nun, ich will mir das Ganze einmal Track-By-Track anschauen:


Der Opener Doom or Destiny wäre in den späten 70ern sicherlich ein Hit geworden und wäre auf einem der frühen Blondie-Alben gut aufgehoben gewesen. Als aktuelle Nummer löst der Song in mir aber keine Begeisterung aus, zumal Blondie schon allzu oft mit Songs in diese Richtung gegangen ist. Trotzdem aber ganz nett und mit Joan Jett in den Backingvocals einer der besseren Songs dieses Albums.

Long Time ist ein Mix aus eben schon genannter „Nostalgie“ gepaart mit moderneren Tönen und einem ziemlich herkömmlichen Melodienaufbar. Er ist ein bisschen der „auf Nummer sicher“-Song dieses Albums, damit man auch wirklich eine Single parat hat. Um die Charts zum explodieren zu bringen, dazu reichts dann aber doch nicht und um Blondie wirklich gerecht zu werden, dazu ist er zu glatt, so dass unterm Strich ein „ganz nett“ die wohl rechte Bezeichnung ist. Anzumerken ist, dass einige der Remixe mehr Spass machen, als die Albumversion.

Already Naked ist wieder ein Song, der besser auf ein Mitt-80er Album gepasst hätte. Zudem gibt er mir persönlich gar nichts und ist in meinen Augen lediglich ein Lückenfüller auf den ich auch hätte verzichten können. Stört jetzt nicht sehr, gewinnt nach mehrmaligem Hören auch ein bisschen, reisst aber auch nichts raus.

Fun, die erste Single des Albums ist auch bestenfalls als O.K. einzustufen. Warum der Song als Single ausgewählt wurde ist nur allzu offensichtlich: Er ist tanzbar und leicht remixbar für die Clubs. Ich finde diese Nummer aus Disco-Klängen mit einem Hauch Bee Gees-Vibe aber ausgesprochen lahm und einfallslos.

My Monster, der zuvor schon als B-Seite von Fun veröffentlicht wurde ist wieder ein wenig „schrammeliger“, wird aber durch schräge Sythesizertöne gestört und weiss insgesamt auch nicht zu begeistern, dümpelt er doch nur so sich hin ohne wirkliche Höhen, oder Tiefen. Als B-Seite war der Song schon ganz recht aufgehoben und hätte nicht zum Album-Track erhoben werden müssen.

Best Day Ever scheint sich ein bisschen auf die gute alte „rotzige“ Stimmung berufen zu wollen, aber das haut leider nicht hin. Der Song ist recht eintönig und nach mehrmaligem Hören empfinde ich ihn sogar als nervig. Für mich vielleicht der störenste Song auf dem Album.

Gravity ist ganz nett und wäre auf einem der frühen Blondie-Album sicherlich ein guter Track gewesen. So kann ich mich dem Eindruck aber nicht erwehren, einfach schon genug in dieser Richtung gehört zu haben. Trotzdem nicht schlecht, ein bisschen rockig, ein bisschen New Wave, ein bisschen quietschig und ein gutes Tempo. Vielleicht wäre als Remix, oder anderer Produktion, oder anderer Instrumentalisierung sogar leichtes Hitpotential darin versteckt gewesen.

When I gave up on you ist für mich der Mega-Langweiler des Albums. Eine Ballade, die nur so vor sich hindümpelt und einfach nichts zu bieten hat. Schlimmer noch: Selten habe ich Debbie so vor sich hinjaulen hören, wie hier. Schrecklich. Ich bin bei jedem Mal Durchhören froh, über diese Nummer hinweg gekommen zu sein.

Love Level ist der erste Song dieses Albums, der ihm das „Explicit Lyrics“ Aufkleberchen eingebracht hat. Nun, nach „When I gave up on you“ konnte es jetzt ja nur noch wieder bergauf gehen, gern hätte man sich aber die Trompetentöne und die Sprechgesangparts von John Roberts sparen können. Der Beat ist ganz nett und lädt zum Mithopsen ein, leider weiss der Song als Ganzes aber nicht wirklich zu überzeugen.

Das Intro von Too Much wirkt auf mich ein bisschen wie „es folgen die Nachrichten“. Anschliessend wird es kurz ein wenig hüpfig und dann folgt ein ruhigerer Gesangspart, bevor der hüpfige Beat wieder einsetzt und sich eine relativ glatte Disconummer entwickelt. Der Aufbau ist durchschaubar und nichts Besonderes und auch Melodie und Lyrics sind Durchschnittsmassenware. Ebenfalls wieder Kategorie: Ganz nett.

Fragments hat mich vom ersten Ton an in seinen Bann gezogen. Ich habe nicht mehr damit gerechnet auf dem Album noch ein Highlight zu finden, aber diese „düstere Ballade“, die vom Stil her fast besser aufs Album Ghosts of Download gepasst hätte gefällt mir ausgesprochen gut und wenn der Song dann nach fast 2 Minuten in schnelle, rockigere Gefilde wechselt, hat mich der Song endgültig gepackt. Dies ist der zweite Song des Albums mit dem „Explicit“ Label. Er überzeugt mich sowohl vom Aufbau, als auch dem Gesang und der Instrumentalisierung. Für mich ist dies der beste Song des Albums, den ich mich auch locker mehrmals hintereinander anhören kann.

Man hätte dieses Album locker mit den letzten Tönen von Fragments ausklingen lassen können und wäre mit positivem Gefühl hinausgegangen, stattdessen fügte man aber mit dem Hidden Track Tonight noch eine Nummer zu. Tonight ist nach kurzer Pause hinter Fragments auf der CD-Version des Albums (bei Vinyl und MP3 weiss ich es nicht) zu finden. Tonight ist eine durchaus ordentliche Rockballade und einer der positiver herausstechenden Songs der Scheibe.

The Breaks ist ein Track, der es nicht regulär aufs Album geschafft hat und als B-Seite von Long Time veröffentlicht wurde. Auf der JP Version des Albums ist er als Bonus Track zu finden. Wenngleich auch dieser langsamere Song kein Highlight ist, hätte es dem Album durchaus gut getan, ihn anstelle von When I gave up on you ins Tracklisting einzubinden, passt er doch vom Stil her besser hinein und hätte zu einem stimmigeren Gesamtbild beigetragen.

Fun (Spirit of 79 Remix) ist ebenfalls als Bonustrack auf der JP-Version des Albums zu finden und ich muss sagen, der Remix tut dem Song gut und macht ihn interessanter, als die reguläre Album, bzw. Single Version. Der Disco-Vibe wird hier besser eingefangen und auch wenn dies den Song natürlich immer noch nicht zum Volltreffer macht, macht er zumindest etwas mehr Spass.


Unterm Strich bleibt für mich ein sehr mittelmässiges Album, das mehr enttäuscht, als begeistert. Ich liebe Blondie, aber diese Scheibe wirkt auf mich recht zusammengeschustert und wie der Versuch mit Versatzstücken aus verschiedenen Songstilen der Vergangenheit punkten zu wollen. Haut aber nicht wirklich hin. Neue, oder innovative Ideen sucht man hier vergebens. Die Bemühung sich auf alte Stilrichtungen zu besinnen, bringt leider lediglich eine Reihe recht bedeutungsloser Songs und ein mehr, oder minder höhenlos vor sich hindümpelndes Album hervor.

Trotz aller Kritik muss ich dem Album zugutehalten, dass es nach mehrmaligem Hören noch etwas gewinnt, leicht wächst und durchaus irgendwie zu gefallen weiss, auch wenn es über das Mittelmaß kaum wirklich hinauskommt. Neue Fans wird man mit diesem Album wahrscheinlich kaum gewinnen können und für die alten Fans ist es wohl eher eines von Vielen, als wirklich herausstechend. Mich zumindest weiss das Album, auf das ich mich sehr gefreut hatte, nicht so recht in seinen Bann zu ziehen.




Blondie Discographie (Alben):

1976: Blondie
1978: Plastic Letters
1978: Parallel Lines
1979: Eat To The Beat
1980: Autoamerican
1981: The Best Of Blondie 
1981: Koo Koo (Debbie Harry Solo)
1982: The Hunter
1986: Rockbird (Debbie Harry Solo)
1988: Once More Into The Bleach (Remix Album, Debbie Harry)
1989: Def, Dumb & Blonde (Debbie Harry Solo)
1991: The Complete Picture (The Very Best)
1993: Blonde & Beyond (Singles, B-Sides, Rarities)
1993: Debravation (Debbie Harry Solo)
1994: The Platinum Collection
1995: Remixed, Remade & Remodeled / Beautiful, the Remix-Album
1996: Denis ( = The Essential Collection)
1997: Picture This (Live) (in UK als Blondie Live)
1998: Atomic: The Very Best Of Blondie
1999: Most Of All: The Best Of Deborah Harry
1999: No Exit
1999: Live / Livid
2002: Greatest Hits
2003: The Curse Of Blondie
2005: Greatest Hits (CD/DVD Sight & Sound)
2007: Necessary Evil (Debbie Harry Solo)
2009: Singles Collection
2010: Live at the BBC
2011: Panic Of Girls
2011: Essential ( = Atomic: The Very Best Of Blondie)
2014: Blondie 4(0) Ever, Greatest Hits Deluxe Redux (Best Of, Re-Recorded)
2014: Ghosts Of Download
2004: Live By Request
2017: Pollinator


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